2

Die Theorie der HBF

1.Der funktionelle Gesichtspunkt
2.Der Positionalitätsbegriff
3.Gehirn-und Bewegungsfunktion
4.Prüfung biomechanischen Prinzipien

2. Der Positionalitätsbegriff

Der unter 1. beschriebene funktionelle Gesichtspunkt ist nicht nur auf die menschliche Bewegung, sondern auch auf die Bewegung des Tieres anwendbar. Im Positionalitätsbegriff wird jedoch ein Unterschied hervorgebracht, der nur bei der menschlichen Bewegung nachweisbar ist. Dadurch bekommt das unserem Titel hinzugefügte „humane" auch seine prägnante Bedeutung. Buytendijk hat den Positionalitätsbegriff von der anthropologisch Philosophen H. Plessner übernommen, der bei diesem Begriff einen Unterschied zwischen der exzentrischen und der zentrischen Positionalität macht.

De Graaf und Verberk haben diesen Begriff empirisch ausgearbeitet und anwendbar gemacht, um verschiedene Formen des Bewegungsverhaltens nachweisen und beschreiben zu können. Dabei sind zwei Positionen möglich, d.h. zwei Formen der Positionalität. Die kürzeste Beschreibung dieser beiden Positionen lautet folgendermaßen:

In zentrischer Positionalität bin ich ein Körper, der funktioniert

In exzentrischer Positionalität habe ich einen Körper, mit dem ich funktioniere, wie mit

einem Instrument.

Diese verschiedenen Positionen sind nachweisbar in allen, früher angelernten Bewegungsverhaltensmustern wie gehen, das Gleichgewicht halten, bücken, greifen, schreiben, Fahrrad fahren, usw. Wenn ich in zentrischer Positionalität Fahrrad fahre, dann verschwende ich (solange nicht etwas Besonderes passiert) kein Interesse an die vielen, komplizierten Bewegungen, die für das Halten des Gleichgewichts und für das Vorwärtskommen in eine bestimmte Richtung nötig sind. Es gibt keine Distanzierung zwischen mir selber und den Bewegungsfunktionen, die ich vollziehe, da ich vollständig der, durch die Bewegung funktionierende Körper, bin. Diese Form von körperlich in Bewegung sein ist das Zentrum von dem aus ich in diesem Augenblick lebe.

Was die Bewegungsfunktionen angeht, befinde ich mich in zentrischer Positionalität, da die Ich-Funktion darin sozusagen untergetaucht ist. Von diesem Zentrum aus kann ich mein gesamtes Interesse auf die Landschaft richten oder überhaupt auf alles das, was nichts mit den Bewegungen meines Fahrradfahrens zu tun hat. Das Bewegungsverhalten von Tieren ist immer ein Bewegen in zentrischer Positionalität. Das wirft, auch bei den Menschen, Kennzeichen eines geschützten und sicheren Ablaufs der Handlung auf, so, als ginge es von selbst. Dieses ist auch zu erklären mit der, unter Punkt 3. zu besprochenen, Verhaltensorganisation im Gehirn. Diese Kennzeichen gehen bei der Bewegung in exzentrischer Positionalität verloren. Wenn ich mich in exzentrischer Positionalität bewege, dann kann man von einer Ich-Funktion reden, die nicht in der Bewegungsfunktion aufgeht. Es gibt eine Ich-Funktion, welche die Bewegung an sich beobachtet. Dann kann man auch wirklich von einem Bewegungsapparat reden, der gesteuert wird, wie ein Instrument mit dem Bewegungsziele realisiert wird. Als Beispiel für das exzentrische Steuern kann man hier das Gehen mit einem sehr schmerzhaften Fuß anführen. Das Interesse gilt dann vollständig den Gehbewegungen an sich, da man versucht diese Bewegungen so auszuführen, dass sie so wenig Schmerzen wie möglich verursachen. Die Schmerz Erfahrung ist jedoch lediglich ein Beispiel, obwohl in diesem Zusammenhang ein sehr wichtiges. Doch das allgemeiner Wort, das hier besser zutrifft, ist: erfahrene Unsicherheit. Es entsteht nämlich zwangsmäßig eine exzentrische Steuerungsposition, sobald die Situation als unsicher eingeschätzt wird. Dies ruft im gesamten Bewegungsverhalten sofort eine Überwachungsfunktion hervor.

Das muss eine gesunde Bewegungsfunktionalität nicht unbedingt stören, wenn es sich dabei auf momentane Eingriffe in konkreten Funktionen, aufgrund von akuten Funktionsforderungen wegen vorbeigehenden, bestimmten Situationskennzeichens beschränkt. Wenn sich aber ein solches Unsicherheitserlebnis nicht mehr nur auf momentane Aktionen beschränkt, dann entsteht oft eine bleibende Überwachungsfunktion, die dem Subjekt ein Bewegen in zentrischer Positionalität unmöglich macht. Wir nennen das eine persistente exzentrische Positionalität. Eine solche persistente exzentrische Positionalität führt im Prinzip zu einer Unmenge von körperlichen Dysfunktionen, jedoch nicht nur in der Haltung und in der Bewegung. Beschwerden können hier schnell chronisch werden. Unter dem folgenden Punkt (Gehirnfunktionen) werden wir auf dieses dysfunktionieren zurückkommen.

Zurück